Der diesjährige Green Marketing Day von der W&V fand Corona-bedingt als online Kongress statt. Ein vielfältiges Speaker-Lineup und ein engagiertes Publikum sorgten für eine gelungene und inspirierende Veranstaltung. Besonders vier Erkenntnisse sind bei mir hängen geblieben, die Unternehmen helfen können, auf Grundlage von Purpose ihre Marke und Marktposition zu stärken.
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1. Das Produkt muss stimmen
„Nachhaltigkeit ist nicht alles, vergesst die Qualität nicht!“ Das gab Laure Berment, Country Managerin Deutschland von Too Good to Go, den Teilnehmern mit auf den Weg. Die Identifikation einer Nachhaltigkeits-Mission ist ein erster wichtiger Schritt. Aber allein das hat wenig Chancen, Kunden zu überzeugen und ein Unternehmen langfristig am Markt bestehen zu lassen. Dies brachte Francesco Mutti, CEO der gleichnamigen italienischen Tomaten-Dynastie auf den Punkt: „The first reason consumers buy our tomatoes is that they are extremely good!“ In dem Zusammenhang war es schon fast erstaunlich, wie verhältnismäßig zurückhaltend das Unternehmen seine Aktivitäten in Sachen Reduzierung von Wasserverbrauch und Verbesserung der Ackerbodenqualität kommuniziert, die wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Tomaten haben.
2. Auch Nachhaltigkeit braucht Differenzierung
Dieser Gedanke setzte sich für mich über den Tag zusammen. Nachhaltigkeits-Influencerin Louisa Dellert berichtete davon, dass immer mehr Unternehmen ähnliche Vorhaben in Sachen Nachhaltigkeit umsetzen wollen: „Jeder fischt jetzt Plastik aus dem Meer oder pflanzt Bäume.“ Der Bezug auf Markenpositionierung und Differenzierung wurde in diesem Zusammenhang bei Michael Lee von Oatly deutlich. Mittlerweile ist im Lebensmitteleinzelhandel das Segment für pflanzenbasierte Milch-Ersatzprodukte sehr kompetitiv mit einer Vielzahl von Marken. Alle eint das Versprechen, eine Alternative mit einem reduzierten Ressourcen-Fußabdruck zu sein – First Mover Vorteile gibt es in der Hinsicht somit kaum mehr. Also wird auch hier die klassische Markendifferenzierung wichtig. Oatly schafft dies sehr gut über eine Markenpersönlichkeit, die Creative Director Lee mit „naively courageous“ zusammenfasste. Daraus entsteht offensive, mutige, vielleicht auch manchmal dreiste Markenkommunikation, die für Konsumenten Identifikationspotential schafft.
3. Marketing muss erklären und Transparenz schaffen
Die Lücke zwischen dem Wunsch nach nachhaltigerem Konsum und der Realität im Kaufverhalten ist nach wie vor bei vielen Menschen ziemlich groß. In vielen Kategorien ist es eben auch nicht besonders einfach, entsprechende Kaufentscheidungen mit machbarem Aufwand treffen zu können. Dies sprachen viele der Referenten quer durch Branchen und Produktkategorien an. Gefühlt ist es mal wieder das Marketing, das stark zwischen Chancen und Risiken von purpose-basierter Markenführung schwankt. Von Potential zur Differenzierung und Kundenbindung auf der einen bis zur Gefahr von Green- oder Purpose-Washing auf der anderen Seite. Dabei formulierte Mimi Sewalski, Geschäftsführerin der nachhaltigen Mode-Plattform Avocadostore, eine eindeutige und bedeutsame Aufgabe für das Marketing: Die Vorteile eines nachhaltigen Angebots verständlich zu erklären und Transparenz zu schaffen. Das heißt, nicht nur Purpose zu kommunizieren, sondern das Angebot auch zugänglich zu machen!
4. Die Kraft von Purpose-KPIs nutzen
Etablierte Dokumentations- und Evaluationsmöglichkeiten für Nachhaltigkeitsaktivitäten gibt es viele. Vielleicht zu viele angesichts der Komplexität des Themas. Einige Beispiele für die Konzentration auf wenige oder sogar nur eine einzige zentrale Kennzahl zeigen eine starke Orientierungsfunktion auf, an der Unternehmensführung und Mitarbeiter ihr Handeln ausrichten können. Besonders deutlich sagte es Christian Kroll, Gründer der Suchmaschine Ecosia: „Gepflanzte Bäume sind die zentrale KPI, an der das Unternehmen ausgerichtet ist.“ Bei Too Good To Go ist die Anzahl der App-User eine wichtige Erfolgskennzahl, die das in den letzten Jahren stetig steigende Community-Wachstum aufzeigt.
Nicht Referent beim Green Marketing Day, aber ein weiteres gutes Beispiel ist Bean United – The Social Coffee Company. Das Unternehmen der Zwillingsbrüder Thomas und Philipp Greulich verkauft nachhaltigen „Büro-Kaffee“ hauptsächlich an Geschäftskunden. Elementarer Teil ihres Geschäftsmodells ist ein automatischer Spendenmechanismus: 1 Kilo Kaffeebohnen finanziert 10 Schulmahlzeiten im afrikanischen Burundi – und genau diese Schulmahlzeiten sind auch ihr zentraler KPI.
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