„Produktifizierung“ im Influencer Marketing – ein ganz neuer Marken-Typus

Influencer Marketing ist aktuell in aller Munde. Kein Tag, an dem man nicht über die neuesten Trends, die fünf Erfolgsfaktoren oder die 8 Prognosen für das neue Jahr in den einschlägigen Medien lesen kann. Ganz besonders oft fällt dabei der Name Bianca Heinicke alias Bibi. Sie gilt mit ihrem YouTube-Kanal „BibisBeautyPalace” sowie mit ihrem Instagram-Account als die einflussreichste Influencerin Deutschlands, insbesondere, wenn es um junge bis ganz junge Zielgruppen geht.

Wenn Influencer und Marke Eins werden

Auch im Zusammenhang mit ihrer eigenen Marke bilou wird Bibi immer wieder als Influencerin genannt, was sie dort eigentlich streng genommen gar nicht ist. Wie weithin bekannt, hat sie selbst mit ihrem Manager und einer Kreativagentur die Marke bilou entwickelt, um sie dann über ihre Plattform „BibisBeautyPalace”, äußerst erfolgreich in den Markt einzuführen. Die Kampagne wurde ein riesiger Erfolg. Mit extrem geringem Budget konnte eine sehr große Reichweite generiert wurde.

Genau genommen handelt es sich aus meiner Sicht bei diesem Marken- und Kommunikationsmodell somit gar nicht um Influencer Marketing, sondern um eine „Produktifizierung“ der Person Heinickes alias Bibi. Markenpositionierung, Testimonial und Influencer verschwimmen in diesem Modell quasi zu einer Einheit und generieren eine enorme Reichweite, noch bevor das Produkt überhaupt am Markt erhältlich ist.

Bei allem kommunikativen Erfolg stellt sich die Frage, ob es mit Hilfe der „Produktifizierung“ eines Influencers möglich ist, eine nachhaltig identitätsstiftende Marke zu entwickeln. Anja Bettin, Geschäftsführerin von Heinickes nuwena GmbH, erklärt dazu in einem Interview auf broadmark.de: „bilou hat mit der Produkteinführung der beiden Duschschäume Pionierarbeit in der zukünftigen Markenwelt geleistet. Noch nie zuvor hat ein deutscher YouTube Star seine eigenen Produkte — und wir grenzen uns hier klar von Merchandise-Produkten ab — gelauncht und damit den Weg in den Einzelhandel gefunden.“

Auch „produktifizierte“ Angebote brauchen eine Markenpositionierung

Während kleine Teenie-Mädchen noch ihr ganzes Taschengeld in die sich ständig erweiternde bilou-Range stecken, mehren sich erste kritische Stimmen – nicht nur aus der Marketing-Welt, wie ich persönlich erlebte: Auf einem Berufsberatungs-Abend mit Abiturienten beschwerten sich die 15- und 16-jährigen darüber, dass Bibi bilou promotet, obwohl doch ein jeder wisse, dass sie keine Ahnung von Körperpflege-Produkten habe. Kurzum – so die Schüler – sie missbrauche ihre Bekanntheit dafür, dass junge Menschen Produkte kaufen, die sie nicht brauchen, oder noch schlimmer, die nicht gut für sie sind.

Der kritische Verbraucher möchte im Zweifelsfall doch mehr als „ein schönes Gesicht“ zu einer Marke sehen. Besonders kritisch betrachteten die Schüler die Tatsache, dass nicht nachvollziehbar ist, wer genau die Produkte produziert. Der Hinweis auf der Marken-Website, dass die Produkte in „Süddeutschland (…) von sorgfältig ausgewählten mittelständischen Familienbetrieben“ produziert würden, reichte den kritischen Jugendlichen so nicht.

Entscheidend bei dieser besonderen Art des Influencer-Marketings bleibt die Frage, ob der Markenaufbau jenseits der „Produktifizierung“ der Persönlichkeit des Influencers erfolgreich gelingen kann. Der Entwicklung einer orientierungsstarken Markenpositionierung kommt auch bei diesem Marken-Typus eine besondere Bedeutung zu. Nur wenn die Positionierung eindeutig definiert ist, kann neben der Markenaufladung durch den Influencer auch über andere Touchpoints ein sinnvoller Markenaufbau betrieben werden, sodass bei dieser Form des Influencer Marketings der Positionierung sogar noch eine größere Bedeutung zukommt als beim klassischen Influencer Marketing.

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